Mittwoch, 23. März 2022

Rabattitis hypertrophis



Foto: Karolina Grabowska | Pexels 

Jetzt hat uns neben der schon gewohnten Corona-Pandemie eine neue Seuche überfallen – die „Rabattitis“. Wir waren ja schon immer ein Volk von Schnäppchenjägern, aber nach dem eben überstandenen Lockdown hat sich dieser Volkssport zu einer echten Plage entwickelt 

Ein Indiz gefällig? Erst vor wenigen Tagen erschien Österreichs größte Tageszeitung, während eben eine Weltkrise im Entstehen war, mit einem Cover, auf dem das Möbelhaus mit den vielen X einen Abverkauf mit minus 77 Prozent ankündigte – und alle fanden das normal. Das mit der größten österreichischen Tageszeitung ist nicht die gesamte Wahrheit, denn auch die zweitgrößte hatte eine derartige Aktion im Programm, ganz zu schweigen von den laut- und auflagenstarken Gratiszeitungen. Und selbstverständlich haben die Zeitungen auch einen redaktionellen Titel, der sich hinter dem Ausverkaufscover verbirgt und der verkündet, dass es Krieg gibt. Für ambitionierte Schnäppchenjäger eine nicht unwesentliche Mitteilung, um sich noch intensiver mit den Rabatten zu beschäftigen, weil man ja wieder einmal Vorräte hamstern muss (komischerweise bekommt man Klopapier noch immer nicht im Ab- oder Sonderverkauf!). 
Da gibt es aber auch noch die Rabattkarten, mit denen man manchmal sechs Lieblingsprodukte in einem bestimmten Zeitraum um 25 Prozent günstiger erwerben kann. Das wird von so ziemlich allen Lebensmittelmärkten praktiziert und hat mittlerweile zu unglaublich einfallsreichen Varianten geführt. Meist werden die Karten auf die Titelseiten von Zeitungen geklebt. Die Profis unter den Schnäppchenjägern haben längst erkannt, dass diese Objekte der Begierde nicht bei allen Ausgabestellen von Gratiszeitungen zu haben sind, und so hat man herausgefunden, dass die Karten z. B. für den A-Markt meist in gewissen Containern liegen – mit einem Fahrrad und geschickten Händen kann man in kurzer Zeit so ziemlich den ganzen Freundeskreis mit Rabattmarken versorgen. Indiz, dass schon jemand hier war, sind die Löcher am Cover, die entstehen, wenn man die Karten nicht sorgfältig genug herunterlöst. Das ist die „humane“ Methode, so hat man wenigstens die gewohnte Gratiszeitung zum Lesen, wenn auch nichts für den Einkauf. Dann gibt es aber auch gierige Elemente, die gleich einen ganzen Stoß an Zeitungen mitnehmen und lächelnd erklären, dass sie damit das Altersheim versorgen…