Samstag, 18. Dezember 2021

Tischkultur von A bis Z

Bone China 

Bitte übersetzen Sie diesen Ausdruck nicht mit „Knochenporzellan“. Das klingt nicht passend für dieses feinste der europäischen Porzellane. Das von Thomas Frye 1748 erfundene Porzellan, bei dem er neben Kaolin, Feldspat und Quarzsand auch 50% verglühte Knochenasche (hauptsächlich Rinderknochen) beigemengt hatte, wurde als „Bone China“ patentiert.
Aber erst die von Josiah Spode in seiner Fabrik in Stoke-on-Trent zwischen 1789 und 1793 entwickelten Verfahren brachten das Produkt heraus, wie wir es heute noch kennen. Es wurde daher nach diesen Verfahren „Fine Bone China“ genannt, was man heute allerdings kaum mehr verwendet, da ja keine Vergleichsprodukte wie 1748 mehr erzeugt werden. Stoke-on-Trent ist auch heute noch das Zentrum der britischen Porzellanindustrie, mit dem Monopol an Bone China ist es allerdings vorbei. Mittlerweile haben viele Fabriken Kollektionen aus diesem noch immer edlen Material im Programm. Für den Porzellanliebhaber sind die doch etwas komplizierten technischen Bedingungen nicht so interessant, wie das Endprodukt: Transparent, sodass man den Schatten der Finger sehen kann, mit einem leichten Hauch von Elfenbein der Oberfläche. Das allwissende Wikipedia meint zwar, dass Knochenporzellan das weißeste Weiß besitzt – dem wollen wir doch widersprechen. In den britischen Produkten ist der leichte Elfenbeinton noch immer vorhanden. Aber egal, wie man den Farbton definiert, ein Stück Bone China in die Hand zu nehmen, die Leichtigkeit zu spüren und aus einer dieser Tassen Tee zu trinken, ist ein kleines Stück Lebensqualität.

Foto: 
Villeroy & Boch „Malindi“





Butter, Käse, Wurst & Messer 
Dass Messer nicht gleich Messer ist, hat sich noch nicht überall herumgesprochen. So mancher meint, alles mit Griff und Klinge sei universell einsetzbar, und hat damit de jure recht – aber de facto? Fragen Sie einmal einen Profikoch, der wird Sie sofort unter dem Titel „Banause“ aus seinem Gedächtnis streichen. Schon in alten Zeiten hatten die einfallsreichen Messerschmiede aus der ältesten Waffe der Menschheit vielseitige Werkzeuge für die Küche und bei der Tafel entwickelt – immer mit der Prämisse, dass es die Arbeit erleichtern oder den Essgenuss perfekt machen muss. Hier stellen wir Ihnen einmal drei besonders gut gelungene Exemplare vor: Da ist einmal das universell einsetzbare Aufschnittmesser, das sich sowohl für knuspriges Baguette als auch für die etwas schwieriger zu schneidende Salami eignet. Ein richtiges Messer für die Jause. Dann das Käsemesser – dabei hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen: die Löcher verhindern, dass man beim Schneiden an den Käse „anklebt“ und so das Zerteilen massiv erschwert. Und dann das Buttermesser, das so gerne vergessen wird und doch ein so ein wertvolles Element im Haushalt ist. Aus besonders ausgewähltem Stahl, der genügend biegsam ist, damit sich auch harte Butter leicht streichen lässt – und das gilt natürlich auch für Weichkäse oder Streichwurst, wo der spröde Klingenstahl an seine Grenzen gerät. Alle diese Messer sind aus einem Stück gefertigt, mit traditionellen edlen Holzgriffen vernietet und für eine lange, sehr lange Zeit als Helfer im Haushalt konzipiert.

Foto: Wüsthof „Charcuterie Set“


Fischbesteck

Im Zeitalter der industriellen Fischstäbchen ist die Nachfrage nach einem Fischbesteck überschaubar geworden. Gehörte es in den Anfängen des Bestecks als Allgemeingut noch zum Standard, wird es heute schon des öfteren als „Spezialbesteck“ bezeichnet. Was völlig falsch ist. Denn die Entwickler dieser Teile waren, als es noch nicht den modischen Namen „Design“ gab, darauf aus, dem Benutzer eine perfekte Mahlzeit zu ermöglichen. So wurde die Gabel entsprechend breiter gestaltet, um den Fisch auch ohne Einstechen aufnehmen zu können, und flacher gemacht, um das Abheben von den Gräten zu erleichtern. Das Fischmesser, das eigentlich ein Schieber ist, weil es ja keine Schneide hat, wurde besonders ausgetüftelt: Der Verzicht auf die Schneide war in den Anfängen vor allem für den Schutz vor den Gräten gedacht, die man ohne Schneide noch zerteilen und daher eher leichter aussortieren konnte. Die Schabefunktion mit der breiten Fläche und die Spitze zum Einführen des Messers unter Haut oder Fleisch erleichtern das Speisen auch der kompliziertesten Fische.

Foto: Fischbesteck „Louis XVI.“ aus dem 
Berndorf-Alpacca-Katalog von 1911



Grill-ABC


Was man für einen perfekten „Grillauftritt“ braucht:
  • Fischbräter
  • Fischhalter
  • Fleischkrallen
  • Grillbürste
  • Grillgabel
  • Grillhandschuhe
  • Grillkorb
  • Grillmatte
  • Grillpfännchen
  • Grillschürze
  • Grillthermometer
  • Grillwender
  • Grillzange
  • Hähnchengriller
  • Marinadenspritze
  • Pfeffermühle
  • Salatschleuder
  • Salatbesteck
  • Salzmühle
  • Spare Rip-halter
  • Spieße
… und natürlich jede Menge Teller und Schüsseln – und vor allem gute Messer.

Foto: 
Char-Broil

Kinderbesteck


„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ - das gilt auch mehr oder weniger für das Erlernen der Tischsitten. Kinder sind in diesem Fall immer etwas benachteiligt – der Sessel ist zu niedrig, das Besteck zu schwer, der Teller rutscht und im Gasthaus muss man immer ruhig sitzen. Die Sitte mit angezogenen Ellbogen zu sitzen, trainiert daheim mit einem Buch unter der Achsel, ist Gott sei Dank verschwunden. Aber was noch immer angeboten wird, sind kindgerechte Bestecke, mit kleineren Stielen und entsprechenden Laffen, aber durchaus auch den Bissen von Kindern angepasst. Natürlich hat das Messer nicht die übliche Schärfe, sondern dient hauptsächlich zum „Schieben“, wenn man die Gabel in der ungewohnten linken Hand hält. Außerdem ist es auch ein Zeichen, dass man in der Gesellschaft ernst genommen wird, kein Wunder also, dass früher Kinderbestecke auch ein beliebtes Geschenk von Verwandten waren. Meist sogar in Silber oder versilbert, denn man wusste, dass Silber besondere bakterientötende Wirkung hat. Die Dekorationen waren meist Motive aus Kinderbüchern, wie hier  aus Grimms Märchen, und wurden später auch durch Sujets aus dem Fernsehen ergänzt. Alles in allem eine kleine Investition in kindergerechtes Interieur.

Foto: 
Berndorf


Picknickkorb


Der klassische Picknickkorb, ursprünglich ein echter Engländer, ist aus geflochtener Weide gemacht und hat normalerweise die Größe eines Handkoffers. Natürlich gibt es in unserer Zeit auch die Alternative von Kühltaschen und Ähnlichem, aber das Flair eines traditionellen Picknickskorbs ist unersetzlich.
Ausgestattet ist der Korb üblicherweise mit Besteck, Gläsern und Tellern für zwei Personen. Je nach Modell gibt es noch Stoffservietten, einen Kellner-Korkenzieher und Salz-und Pfefferstreuer an Bord. Das Ganze wird von Riemen festgehalten, die auch das Verrutschen beim Transport verhindern. Ein fester Tragegriff ist ein absolutes Muss, denn Picknicks sind oft mit kleineren Wanderungen verbunden.

Foto: Cilio

Platzteller


Der so genannte Platzteller tritt in der Tischkultur in verschiedensten Kleidungen auf. Meist war er aus Metall, oft sogar aus Edelmetall und vermehrte damit das oft zitierte Familiensilber. Es gab ihn in Glas, in Keramik und Zinn, aber heutzutage meist aus Porzellan. Es soll ihn sogar in Gold gegeben haben, und die Anekdoten aus Napoleonszeiten erzählen über die vergoldeten, sprich „güldenen“ Platzteller der Josephine de Beuharnais, Napoleons Ex, die sie hauptsächlich für ihre heiß geliebten Naschereien nutzte. Ein Verwendungszweck der eigentlich nicht vorgesehen war, auch die Funktionsbeschreibung im allwissenden Wikipedia, „zum Schutze des Tischtuchs“, beschreibt eigentlich nur einen Nebeneffekt. Denn der Platzteller war (und ist eigentlich noch immer) das „Navi“ jedes Verantwortlichen für das Decken einer großen Tafel. Mit ihm wurde der Abstand und der „Platz“ jedes Gastes vermessen und markiert. Er war der Mittelpunkt, zu dem dann der Stuhl mittig hinzugeschoben wurde, er bestimmte, wo die Gläser angereiht und das Besteck aufgedeckt wurden. Man darf nicht vergessen, dass der Platzteller aus dem höfischen Zeremoniell stammt und eine praktische Hilfe bedeutete, denn wenn man eine Reihe mit den Tellern gekennzeichnet hatte, konnte jeder Fehler bei der Aufteilung der Gäste zwar zeitaufwändig, aber leicht korrigiert werden. Und nicht zu vergessen: das Servierpersonal hatte immer genau den Punkt vor Augen, wohin der nächste Gang gestellt werden musste.
Im kleinen privaten Bereich hat er sich etwas überlebt, aber er ist und bleibt ein wunderschönes Stück Kunsthandwerk, mit dem sich bei Tisch auch so manche Servier- und Deckvariante kreieren lässt – kein noch so strenges Benimmbuch wird Sie daran hindern …

Foto: Rosenthal meets Versace



Schneckenbesteck 
Wer glaubt, dass Schnecken in unseren Breiten ein exotisches Gericht sind, der irrt gewaltig. Selbst im bekanntesten Wiener XXL-Restaurant stehen gezüchtete Weinbergschnecken in pikanter Marinade auf der Tageskarte. Spanier und Franzosen haben dafür ein Unmenge an verführerischen Rezepten zur Hand. Um die Schnecken bei Tisch möglichst praktikabel und genussvoll essen zu können, hat man Schneckenzange und Schneckengabel erfunden. Die Schnecken werden im gefüllten Schneckengehäuse serviert, und mittels der mit Federzug ausgestatteten Zange kann man dies Gehäuse fixieren und bequem aufnehmen, um dann mit der dafür geformten zweizackigen Gabel die Schnecken herausziehen und zu verspeisen. Das dazu passende Weißbrot darf (ausnahmsweise) von Hand gegessen werden.

Foto: FotoCuisinette | Fotolia.com







Silber 

Der Silberpreis hat sich in den letzten Jahren, wenn auch mit Schwankungen, stetig erhöht. Also kann man immer noch von einer Wertanlage sprechen. „Familiensilber“ wurde in den etablierten Haushalten zwar oft verwendet, war aber auch so etwas wie eine Wertanlage. Silberbesteck hat daher noch immer Saison, und man kann es in Notzeiten auch „versilbern“, sprich verkaufen. Dabei spielt natürlich der Feingehalt eine große Rolle. Üblich ist es, Silberbesteck mit Kupfer zu legieren, da reines Silber zu weich für die Verarbeitung und Formung wäre. Derzeit beträgt liegt Feingehalt bei Besteck meist bei 800 Teilen Silber und 200 Teilen Kupfer, wobei aber auch andere Relationen möglich sind. Unsere auch in der EU eigenwilligen Briten haben (man würde fast sagen, selbstverständlich) eine eigene Art der Legierung. Dort ist es üblich, 925 Teile Silber mit 75 Teilen Kupfer zu mischen. Per Saldo ist ein derartiger Löffel vom Materialwert her natürlich wertvoller – das ist dann das bekannte „Sterling-Silber“. Aber gleich ist in allen Ländern, dass Silberbesteck mit einer staatlichen Punze versehen sein muss. Wobei durchaus auch der jeweilige Feingehalt mit punziert werden muss, um dem Konsumenten die Garantie zu geben, wie hoch der Anteil von Feinsilber ist.

Foto: Robbe & Berking







Teller 
Der Teller war und ist eigentlich immer eine runde Sache. Die Erfindung der Töpferscheibe, auch schon ein paar Tage alt, tat ein Übriges, um bis in unsere Zeit Teller rund zu gestalten. Was übrigens auch einen praktischen Grund hat, denn Flüssigkeiten sind in runden Gefäßen bestens aufgehoben. Am Beginn kam der „tiefe“ Teller zu Ehren, eine Entwicklung aus den urzeitlichen „Näpfen“, die später zu Schüsseln mutierte. Es gab sie in Keramik, in Stein, aus Holz und auch aus dem „Silber für Arme“, dem Zinn.
Bleiben wir bei den keramischen Tellern. Der tiefe Teller, später Suppenteller genannt, war ein Coupteller, d.h. er hatte keinen Griffrand. In den Gasthöfen wurde daher die Suppe in großen Metalltassen serviert und erst bei Tisch in den Teller gegossen, auch die Suppenterrine daheim hatte den Zweck, heiße Teller nicht transportieren zu müssen. Erst später hat man das geändert, und es kam der heute sehr gebräuchliche „Fahnenteller“, der einen Griffrand, also eine „Fahne“, rundherum hatte, was den Transport heißer Flüssigkeit erleichterte. Der flache Teller, früher „Fleischteller“, heute „Speiseteller“ genannt, hat gerade genug Tiefe, um auch delikate Saucen aufnehmen zu können, und ist das „Schneidbrett“ bei Tisch. Die vielen anderen Tellervarianten  dienen speziellen Gerichte,, wie z.B. der beliebte riesige Pastateller, der es leicht ermöglicht, widerspenstige Spaghetti mit der Soße zu vermählen.
Und ehrlicherweise sei erwähnt, dass neue Techniken es jetzt möglich machen auch eckige Teller erschwinglich zu erzeugen, was laut einer britischen Studie angeblich dazu führen kann, dass man schlanker bleibt …

Foto: Arla Cherryoak | Wikicommons


Zinn 
Plaudern wir einmal über etwas Nostalgisches, über das „Silber des kleinen Mannes“. Seit rund 2.000 Jahren hat das an unseren Tischen und Theken Platz genommen – und hat außerdem für die Verzierung der Stuben und Kemenaten gesorgt. Auch in den Kirchen hatte Zinn seinen Platz, speziell dann, wenn sich ärmere Gemeinden Silberleuchter und ähnliches nicht leisten konnten. Und um es gleich vorwegzunehmen – das Speisen von Zinntellern oder Zechen mit den herrlich gearbeiteten Krügen ist völlig ungefährlich. Die berüchtigte Zinnpest trat nur bei Legierungen mit hohem Bleigehalt (über 10%) und im Zusammenspiel mit säurehaltigen Lebensmitteln und Getränken auf. Das englische „Pewter“ ist auch heute noch das Maß für Speisen und Trinken mit Zinn ohne Bedenken. Ja es gibt auch noch einige Nostalgiker, die Ihr Bier oder den Rotwein bevorzugt aus Zinnkrügen genießen. Zinn ist anlaufbeständig, und künstlich patiniertes Zinn verändert sich nur langsam. Für rustikale Bankette ist dieses „Silber für Arme“ noch immer wärmstens zu empfehlen. Und noch immer obligat ist bei zünftigen Bierkrügen, egal ob aus Glas oder Keramik, der Zinndeckel, der verhindert, dass gierige Käfer, die durch den Alkoholgeruch angelockt wurden, ein Bad im köstlichen Nass nehmen.

Foto: Artina




For Babies only ...

        


Foto: Berndorf 

Der gezeigte Babylöffel ist nicht nur ein solitärer Gegenstand in den Besteckserien, sondern außerdem noch immer der einzige am Markt befindliche Löffel, der ergonomisch geformt ist. Die Ergometrie, also die Wissenschaft der adäquaten Gestaltung von Dingen des menschlichen Lebens, beschäftigt sich noch immer damit, dem Menschen Arbeit und Alltag so zu gestalten, dass Geräte Hilfe und dem menschlichen Bewegungsapparat angepasst sind. Eine sperrige Aussage, speziell für so kleine Dinge wie einen Löffel. Für ganz Wissbegierige - der Begriff Ergonomik wurde erstmals 1857 von Wojciech Jastrzebowski definiert und ist heute wichtiger Bestandteil bei der Planung von Industrieprodukten.
Doch zurück zum Löffel - ein normaler Löffel hat Stiel und Laffe in einer Linie, die Ausflussspitze liegt vorne, ist also eigentlich ein wenig einem Schöpflöffel nachgebildet. Um aber das Füllgut in den Mund zu bringen, muss man das Handgelenk drehen und dann den Löffel direkt zum Mund führen. Seitliches Herausschlürfen ist dabei nicht angedacht, also kein ergonomisch richtig geformtes Produkt. Diese Voraussetzung erfüllt der Babylöffel perfekt. Stiel und Laffe sind so angeordnet, dass man Füllen und Entleeren praktisch mit einer Handbewegung machen kann und der Löffel dabei in funktionell optimaler Richtung bleibt. Für Babys ideal, selbst wenn sie den Löffel noch in einer Faust halten müssen – und als Einstieg in die europäischen Essenssitten das perfekte Gerät.