Donnerstag, 30. Juni 2022

Picknick kommt wieder in Mode



Foto: Wikimedia Commons | wartburg.edu

Es gab ja schon in der Antike gemeinsames Speisen im Freien: Die alten Griechen nannten es „Eranos“ und die Römer, die das natürlich auch kultivierten, „Prandium“. Ja selbst die Bibel berichtet von einem Picknick, denn bei der „Brotvermehrung“ ließ Jesus das Volk im Gras lagern „… und sie aßen und alle wurden satt“. 
Im Grunde waren die noch immer namenlosen Picknicks besonders in Adelskreisen in Frankreich und England seit der Barockzeit besonders populär. Was die Bauern aus Notwendigkeit praktizierten, eben auf dem Feld in Arbeitspausen zu essen, galt beim Adel – besonders bei Jagden – als chic. In der Literatur der damaligen Zeit wurde dabei manchmal vom Speisen „al fresco“ gesprochen, und in einigen Handbüchern über die Jagd gab es auch Beschreibungen dieser „Gelage“ im Freien. Viel zur Popularität dieser Art der gemeinsam Mahlzeiten trug Königin Victoria bei, die gerne und oft im Freien speiste. Und daher ist es nicht verwunderlich, dass der heute noch übliche Picknickkorb, der sowohl Mahlzeiten, als auch Geschirr und Besteck sowie die obligate Decke enthielt, im 19. Jahrhundert in England auftauchte. Der britische Nationalsport Cricket darf gerne als die Picknicksportart eingestuft werden …
Der Name soll nach Ansicht der meisten Forscher aus dem Französischen kommen, „pique-nique“ wurde um 1690 als Ausdruck für „aufpicken“ (piquer)  und Kleinigkeit (nique) verwendet. Aber so soll auch Lord Chesterfield picnic als Bezeichnung für eine allerdings speisenlose Versammlung verwendet haben, und auch die Schweden meinen, das auch sie „picnick“ als Begriff verwendet haben.
Sei es wie es sei – eine Renaissance des Picknicks scheint unaufhaltsam zu sein. Während der Pandemie stieg das Interesse sprunghaft an. Einige Hotelrestaurants boten im Lockdown nicht nur Gerichte dafür an, sondern verliehen auch komplett eingerichtete Picknickkörbe. Dabei kamen auch moderne Interpretationen auf den Markt, die kühlen oder warmhalten konnten, und natürlich Thermosgefäße in allen Varianten. Als besonderes Schmankerl ließ sich die Stadt Wien etwas einfallen: Sie eröffnete ihre Kulturwochen im Sommer 2022 mit einem Picknick mit Sinfoniekonzert. Die Bühne war gebaut, die Zuschauer auf Decken bereits platziert, als die Veranstaltung wegen einer ganz bösen Sturmwarnung abgesagt werden musste -– damit hätten wir auch die Schattenseiten eines Picknicks erwähnt.

Mittwoch, 8. Juni 2022

Role Models dringend gesucht

 


Foto: Rick Baldwin | Pixabay

Wer derzeit dynamische Werbung für unsere Branche sucht, der sucht leider vergebens. Der dominierenden Handel setzt als Hauptakzent auf „Eyecatcher zu unverschämten Preisen“ und ist damit offensichtlich sehr zufrieden sowie erfolgreich. Ein Animieren zum Verwenden neueren Tischgeräts in traditioneller Sichtweise ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil, man hat oft den Eindruck, dass schon der einfachste weiße Teller ein zu konservatives Teil für ­heutige ­Essenssitten ist. Es scheint, als gäbe es eine kommunikative Bewegung, um Tafel­kultur ins ­Museum zu verbannen – und die Gastronomie hätte da sicher nichts dagegen … 

Museum – das ist das Schlüsselwort unserer diesmaligen Betrachtung. Denn genau dort kann man ziemlich deutlich ablesen, wieso Vorbilder – oder aktueller mit dem englischen Marketingbegriff „role models“ bezeichnet – so wichtig, ja sogar existenziell für die Branche sind. Porzellan ist in Europa entstanden, weil man die chinesischen Vorbilder erreichen wollte (und um damit auch viel Geld zu verdienen), Besteck für jedermann entstand, weil man das „fürstliche“ Silber nachahmen wollte, und Gläser wurden mittels vielfacher Werkspionage weiterentwickelt und allen zugänglich gemacht. Aber am wichtigsten für die Entstehung einer blühenden Industrie für den gedeckten Tisch war der Wunsch der Massen, auch so wie die Fürsten, später wie die Großbürger, also wie die Reichen, speisen zu können. Nicht zu vergessen die Rolle, die Nobelrestaurants spielten, die gegen gutes Geld fürstliche Mahlzeiten zelebrierten.