Dienstag, 3. Oktober 2023

50 Jahre „Die Vitrine“ – Menschen, Fakten, Anekdoten …

 


Foto: epiximages| Adobe Stock

Was sich so tat in der Branche, haben wir (hoffentlich) immer aktuell berichtet. Was sich ­allerdings manchmal hinter den Kulissen und in Gesprächen abspielte, die nicht immer auch zu Veröffentlichungen führten, wollen wir anlässlich dieses Jubiläums ein klein wenig beleuchten. Denn wir waren auch als Veranstalter, Messereisende und diskrete Berater tätig und wollen nicht verhehlen, dass dabei nicht immer alles reibungslos ablief …
Wir sind im Jahr 1971. Der eben von der Universität abgegangene Dr. Ludwig Bondi, Sohn des Verlagsinhabers und Herausgebers der Verbandszeitschrift „Tisch & Küche“, trifft den Werbe­leiter von Slama, der im Verband mitarbeitet, zu einem Grundsatzgespräch über die Zeitschrift. Der 35-jährige Hans Peter Greiner hatte ein Konzept erstellt, mit dem die rein schwarz-weiße Zeitschrift teilweise farbig und auch sonst modernisiert werden sollte. Trotzdem durfte die Produktion nicht mehr kosten und musste zumindest teil­weise auch in der verlagseigenen Druckerei gedruckt werden können – das Hauptproblem bei der ­Realisierung: der erzkonservative Seniorchef Bondi, der schon frühere Wünsche der Verbandsmitglieder nach einem Farbmagazin abgelehnt hatte. Die jugendlichen Protagonisten nahmen nach diesem grundsätzlichen Gespräch die Sache sofort in Angriff und brachen in die dunklen Weiten der Druckerei auf, wo der Patriarch an seinem Stehpult Eintragungen vornahm. Die beiden Kämpfer für ein modernes Fachmagazin argumentierten, rechneten vor, belegten das große Interesse aufgrund von Befragungen und verwiesen auf die deutschsprachige Konkurrenz – flossen kurzum über vor Begeisterung und Sorge. Der Seniorchef und Alleinentscheider in dieser Angelegenheit unterbrach seine Schreibtätigkeit keinen Augenblick, sah nach Beendigung des Vortrags nur kurz auf, sagte: „Nein“ und schrieb unbeeindruckt weiter.

Die neue Sekretärin des Donauländischen Verbands, Maria Sorger, entdeckte bei ihrer Tätigkeit im Archiv das erwähnte Konzept und beschloss, nachdem sie sich über die Vorgeschichte informiert hatte, selbstständig zu werden und 1973 ein neues Fachmagazin herauszubringen – sie nannte es „DIE VITRINE“. Die heutige Herausgeberin war damals noch Studentin an der Uni Wien, kam  in den 90er-Jahren in die Branche und versuchte die weiterhin bestehende „Tisch & Küche“ zu reformieren, bis sie 2003 DIE VITRINE übernahm. Von 1988–1992 war das Magazin dann Teil des bedeutenden Orac-Verlags. In dieser Zeit versuchte man auch, ein Tischkulturheft als Publikumsmagazin auf den Markt zu bringen. Das gemeinsam mit einem schweizerischen Verlag unter dem Titel „Tavola“ auf den deutschsprachigen Markt gebrachte Lifestylemagazin erzielte zwar Achtungserfolge, erbrachte aber für die erfolgsverwöhnten Publikumsverlage zu wenig Rendite. Auch mit der im Orac-Verlag erscheinenden Kochzeitschrift „Gusto“ wurden zwei Hochzeitsausgaben (Gusto – Tisch & Flair) publiziert, die speziell für Hochzeitslisten und Aussteuern werben sollten. Für den Vitrine-Verlag waren die Ergebnisse erfreulich, dem Orac-Verlag war die Relation Aufwand/Ergebnis zu unbefriedigend. Der Fremdkörper Fachzeitschrift konnte sich dort eben nicht integrieren.
Und so erwarb die Werbeagentur Greiner & Greiner 1992 den Vitrine-Verlag, auch als Herausgeber dieser Zeitschrift.

Wir veränderten einiges in der Szene. Eine der Änderungen war besonders eklatant: Es war bei allen Fachmagazinen im GPK-Bereich üblich, ein besonders attraktives Produkt auf den Cover zu geben, und im Lauf der Zeit, heute sogar von Tageszeitungen praktiziert, diese Platzierung auch zu verkaufen. Wir beschlossen, dass das journalistisch eigentlich ein „No go“ sei und legten fest, dass auch ein verkaufter Cover im Inneren mit einem Artikel vorkommen müsse. Die „Cover­story“ war geboren und ist bis heute fester Bestandteil der Heftplanung. Viele Unternehmen ließen sich „ihre“ Cover und Story, von unserer Redaktion geschrieben, nachdrucken und verwendeten sie z.B. als Flyer. Ein große Überraschung war es für uns allerdings, als wir bei einer Pressekonferenz von Rosenthal zur Eröffnung der Präsentation in Darmstadt die offizielle Pressemappe erhielten, in der unsere nachgedruckte Coverstory als Pressemitteilung verteilt wurde. Wir haben das stolz und schweigsam ertragen …

Die Vitrine-Chefs  waren zu allen Zeiten sehr gefragt für Vorträge, Kooperationen bei Veranstaltungen und Diskussionsforen. Das begann sich schon in den Anfängen abzuzeichnen, als internationale Veranstalter die Herausgeberin als Moderatorin für den „Designers’ Saturday“ holten. Eine Diskussionsveranstaltung, gekoppelt mit intensiver Medienarbeit, die der VITRINE auch sehr gute Kontakte zu der europäischen Designszene sicherte und etliche Jahre abgehalten wurde. Später waren wir dann auch in die Kampagne des deutschen „Forum Tisch und Raumkultur“ involviert und haben in Österreich etliche Aktionen mit Handel und Industrie durchgeführt. Eine davon sollte Höhepunkt und gleichzeitig Startschuss für eine bereits fixierte Publikums-Werbekampagne im Rundfunk sein. Wir organisierten eine Podiumsdiskussion im Wiener Heiligenkreuzerhof mit hochkarätigen Leuten aus der Branche, u.a. mit Stardesigner Matteo Thun und als Höhepunkt Professor Ringel, dem Kenner der österreichischen Seele. Es gelang uns,den Rundfunk zu einer Übertragung zu bewegen. Das vorgegebene Thema hieß „Tischkultur heute – Lebensqualität oder überholtes Ritual?“. Nebenbei bemerkt waren wir ungemein stolz auf dieses Thema und erhofften uns natürlich eine angeregte Diskussion und Lösungsvorschläge; die leider nicht kamen, denn alle waren sich darüber einig, dass es sich um Lebensqualität handelt – was bei der von uns getroffenen Zusammensetzung der Teilnehmer nicht sehr verwunderlich war. Aber wie das dem unwilligen Konsumenten begreiflich zu machen wäre, blieb unklar. Man erging sich in Details, über die Frage, wo überhaupt Tischkultur beginnt, bis hin zur Qualität der Ausstattung und deren Bewertung. Professor Ringel, der erstaunlich viel zu diesem Thema zu sagen hatte, wurde immer schweigsamer. Erst bei der Bewertungsdiskussion wurde er wieder munter und meinte lakonisch: „Das Kaffehäferl, mit dem ich nach der Hochzeitsnacht mit meiner Frau Kaffee getrunken habe, lässt sich nicht bewerten“. Die Diskussion endete leider ohne Resultat.

Wir haben auch immer eng mit den Messen zusammengearbeitet. Speziell mit Salzburg und Frankfurt gab es viele Kooperationen, wie z.B. den Neuheitenwettbewerb „Die Goldenen Masche“ oder den Tischkulturpreis in Salzburg, Frankfurt und Luzern, aber auch die regelmäßige und intensive Berichterstattung aus München, Mailand, Lissabon und Florenz. Wir wurden eingeladen, über London, Dublin, New York, San Francisco, Madrid, Bologna zu berichten, was bedeutete, dass wir bis zu 26 Wochenenden auf Messen verbrachten. 
In aktueller Zeit kam dann die Zusammenarbeit mit dem „GIA“ dazu, dem von der „International Houseware Show“ in Chicago veranstalteten Marketingpreis, bei dem wir schon in den Anfängen mitarbeiteten, dann die Landessieger für Österreich und die Schweiz küren und in den USA präsentieren durften. 
Besonders in Erinnerung ist uns die „exportierte“ Frankfurter Messe in Tokio geblieben, wo auch ein großes Ausstellerkontingent aus Österreich vertreten war. Als Gäste der Frankfurter Veranstalter waren wir, eine kompetente Schar von Fachjournalisten aus Europa, angereist, um diese experimentelle Messe zu beobachten. Dabei war auch eine Diskussions- und Interviewrunde mit dem größten japanischen Kaufhauskonzern und deren Einkäufern eingeplant. Wir sollten und wollten objektiv herausfinden, wie diese Art von Messe bei dieser Zielgruppe ankam. Schon nach wenigen Minuten und Wortmeldungen war klar, dass alle anwesenden Einkäufer stinksauer waren, weil ihnen hier ein Messeveranstalter die Einkaufsreisen nach Europa wegnehmen wollte, was zwar dem Kaufhaus-Management, nicht aber diesen Einkäufern persönlich sehr recht war. Es war wirklich skurril, wie verklausuliert und höflich sie kein gutes Haar an der Veranstaltung in Tokio ließen, und es war daher nicht leicht, diese Messe gut zu rezensieren – was aber egal war, denn der Besucherstrom blieb überschaubar. Die Messe entschlummerte still und heimlich ohne nennenswertes Medienecho.

Aufgrund des gespannten Verhältnisses der BRD zur DDR und vice versa besaßen wir „Ösis“ in Ostdeutschland einen ganz besonderen Stellenwert und wurden zu allen Veranstaltungen der in der DDR sehr starken Porzellanindustrie eingeladen. Wir haben die Geburtstage der Manufakturen stets gerne mitgefeiert und hatten zeitweilig sogar einen eigenen Korrespondenten, einen Freelancer, in Ostberlin. Bei der letzten Leipziger Messe vor der Wende flüsterte dieser Hans Peter Greiner zu:: „Ein hohes Tier vom Wirtschaftsministerium möchte mit dir vertraulich reden“. Und so geschah es, dass H. P. Greiner mit einem würdigen Herren in einem sehr diskreten Raum in der Messe Kaffee trank und über die Branche plauderte. Nachdem das immer mehr zu einem Small Talk ausartete, fragte Greiner direkt, was der offensichtlich an der Branche interessierte Herr wirklich von ihm wollte. Langer Rede kurzer Sinn: Er wollte wissen, wir man in Österreich in einem keramischen Betrieb ein Regiestunde ermittelt bzw. kalkuliert. Greiner konnte den  neugierigen Herren durchaus zufrieden stellen. Was ihm aber  bis heute unklar ist: Woher wusste das DDR-Wirtschaftsministerium, dass er in einem keramischen Betrieb einmal Kalkulationen gemacht hatte? Nun, die STASI könnte das erklären!

Das passt auch recht gut zu der Geschichte, die ein direkt Beteiligter H. P. Greiner erzählte: In Meissen musste man im Zuge der Währungsreform die Löhne umstellen.Dabei kam es zwischen dem (westlichen) Management und der (östlichen) Belegschaftsvertretung zu erheblichen Auffassungsunterschieden über deren Höhe. Nach endlosen Debatten, bei denen es zu keiner Einigung kam, beschlossen die Vertreter der Arbeitnehmer, einfach in den Westen zu fahren, um dort festzustellen. was ihre Produkte in den Geschäften kostete. In Düsseldorf wurden sie fündig, und mit großer Freude und Stolz sah man, wie ungemein teuer Meissener Porzellan verkauft wurde. Man notierte eifrig und legte diese Liste bei der nächsten Verhandlung vor. Die Belegschaft war schon informiert worden, dass mit sehr großen Lohnzuwächsen gerechnet werden könnte, weil Meissen in der BRD faktisch mit Gold aufgewogen würde. Es gibt das Gerücht. dass es nie gelungen ist, die Betriebsräte davon zu überzeugen, dass der Händler in Düsseldorf enorm hohe Aufschläge macht und dass man ihm das nicht verbieten kann. Realisieren konnten das viele erst, als die Preise tatsächlich neu kalkuliert wurden und sich daraufhin die Nachfrage deutlich verringerte.

Apropos Leipziger Messe: Der Besuch dort war Chefsache, denn niemand wollte freiwillig zu einer Messe fahren, bei der man sich endlos für ein Frühstück anstellen musste und zum Abendessen in einer touristischen Kneipe zum kargen Menü Szenen aus Faust 2. Teil dargeboten bekam. Und so kam es, dass HP Greiner beschloss, die anstehende Leipziger Messe (mit einem sehr wichtigen Kundenstock) zwar zu besuchen, aber trotzdem nicht auf die Vorteile westlicher Gastronomie und Hotellerie (die es für unsereinen in Leipzig  manchmal nicht gab) zu verzichten. Er plante, zwischen Berlin und Leipzig zu pendeln und bei dieser Gelegenheit seiner lieben Frau die Möglichkeit bieten, in Berlin Sightseeing und Shopping zu betreiben, während er tagsüber im grauen Leipzig agierte. Gesagt – getan. Er fuhr frühmorgens los, fand in Messenähe sogar einen sicher scheinenden Parkplatz und marschierte (bereits mit gutem Berliner Frühstück im Magen) zu Rezeption zwecks Akkreditierung. Erfolglos! Denn man musste, so die „Staatsanwältin“ hinter dem Tresen, einen Zimmernachweis mit Nächtigung in Leipzig erbringen, um akkreditiert zu werden. Zähneknirschend ließ sich Greiner daher ein Privatquartier zuweisen, das er nach dem Messebesuch auch aufsuchte. Die Zimmerwirtin, mit dem Charme einer frustierten Gefängniswärterin, ließ sich von Greiner überreden, telefonieren zu dürfen. Nachdem sie sich lange über die Kosten schlau gemacht hatte, teilte sie Greiner mit, dass es keine Möglichkeit gäbe, seine in Berlin harrende Gattin zu verständigen, da keine Telefonverbindung mit Westberlin erlaubt war. Nach Flehen und diversen Zahlungen fand HPG dann heraus, dass man allerdings Wien anrufen konnte. So bat er, nach 5-stündiger Wartezeit, seinen Sohn in Wien, seine Mutter  in Berlin anzurufen, um sie zu beruhigen. Er musste sie natürlich wecken, denn mittlerweile war es Nacht. Der „alte“ Greiner  ging ohne Abendessen und morgens auch ohne Frühstück auf die Messe und verließ Leipzig äußerst hungrig und mit dem Gefühl, irgendetwas sehr falsch gemacht zu haben. Was ihn dieser Ausflug gekostet hat, hätte auch für die Flugkosten gereicht.

Es gab natürlich auch Beschwerden über uns, nicht allzu viele, aber doch einige. Wir haben ein paar Beispiele davon herausgesucht. Die härteste kam von den damals neuen Stölzle-Eigentümern, die uns in der Zeit beim Orac-Verlag erwischte. Der Herr Kommerzialrat hatte Herrn Orac persönlich angerufen und ziemlich massiv mit Klage gedroht, was in diesem Verlag noch nie vorgekommen war. Man riet uns daher dringend, sich direkt mit dem Beschwerdeführer in Verbindung zu setzen und die „Sache“ rasch und problemlos aus der Welt zu schaffen. Was war eigentlich geschehen? Wir hatten Bezug auf einen im „Kurier“ erschienen Artikel genommen, wo unser Kläger darauf hinwies, dass er sich für die erfolgreiche Sanierung der Glasfabrik mit einem Ferienhaus belohnt hatte. Da diese „Sanierung“ mit einer ziemlichen Entlassungswelle gekoppelt war, erschien uns das doch erwähnenswert und auch etwas peinlich. Und das haben wir dann auch geschrieben. Daher begannen wir das Gespräch mit der Frage, was denn die Sanierung außer Entlassungen noch verändert hätte und wie man die Glaubwürdigkeit wieder erlangen wolle, damit diese Ausssage in den Medien nicht nur als kurzfristige PR-Aktion gesehen werden würde? Zu unserer größten Überraschung fand der Herr Kommerzialrat unsere Einwände durchaus bemerkenswert, weil man offensichtlich diesen Aspekt nicht beachtet hatte. Wir trennten uns sehr amikal und wurden später immer wieder in Werbeaktionen eingebunden. Im Orac-Verlag stieg daraufhin unser Ruf beträchtlich.
Eine weniger positv verlaufene Geschichte war die Übernahme von Rosenthal durch Wedgwood. Die Briten luden aus diesem Anlass während der Frankfurter Messe Handel und Medien zu einer Abendveranstaltung ein, bei der sie dann den berühmten Philip Rosenthal persönlich so richtig vorführten und heftig (alles in englischer Sprache) demütigten. Dazu wurden die deutschen Gäste erst um zwei Uhr früh abgefüttert. Wir ließen eine bitterböse Karikatur des britischen Generalmanagers und seiner Genossen anfertigen und veröffentlichte sie im Rahmen des Messe­nachberichts. Das deutsche Echo war mehr als erfreulich – von der Insel allerdings kam keinerlei Reaktion.
Eher heiter war dagegen eine Beschwerde von Glasprofessor Riedel, der uns zu Beginn einer Salzburger Messe dringend zu sprechen wünschte. Was auch geschah – sein Vortrag gipfelte darin, dass wir uns nicht erfrechen sollten, Sitte und Anstand während eines dermaßen wichtigen Events mit läppischen Forderungen zu stören. Was war geschehen?: Wir hatten im Vorbericht für diese Messe darauf hingewiesen, dass uns wieder eine brütend heiße Veranstaltung bevorstünde und gefordert, dass das Personal auf den Ständen, also alle Aussteller, ihren Dienst in bequemer Kleidung bis hin zum Polohemd, ausüben sollten. Das war es, was den Professor in Weißglut brachte und warum er uns ultimativ aufforderte, diese Anregung im nächsten Heft zu widerrufen. Das war aber gar nicht notwendig, denn alle Aussteller standen während der Messe wie immer in Kostüm und Anzug (meist mit Krawatte) an den Ständen und schwitzten wie eh und je – und das tun sie oftmals bis zum heutigen Tag. Überflüssig zu erwähnen, dass die Diskussion zwischen dem Herren Professor und uns beiderseitig in Anzug und korrekter Krawatte bei rund 32 Grad stattfand.

Wir haben immer versucht, unsere Hefte lesenswert zu machen. Also kein hochgestochenes Marketing-Blabla, aber auch nicht den kategorischen Imperativ, wenn es z.B. um Besucherzahlen oder Umsatzerfolge etc. ging. Dass faktisch alle unsere AutorInnen begabte Amateure waren, haben wir schon erwähnt. Und trotzdem haben wir auch zweimal eine für Fachzeitschriften unserer Größenordnung unerwartete Ehrung erfahren und den österreichischen Zeitschriftenpreis erhalten. Einmal für eine breite Reportage über das GPK-Angebot in Irland und einmal für eine Satire aus unserer Reihe „SpottLight“. Überreicht wurde diese Auszeichnung vom Wissenschaftsminister und späteren Bundespräsidenten Heinz Fischer im Parlament. Ein Stellenwert, der uns sehr beeindruckt hat. 
Diese vom Herausgeberverband ausgezeichnete Satire-Serie erregte auch das Interesse des Literaturkreises N.Ö., und der Weiland Verlag aus Baden wollte über dessen Anregung daraus ein Buch machen. So entstand ein nicht sehr umfangreiches Taschenbuch mit dem Titel „Management Miniaturen“, eine Sammlung von Vitrine-Glossen mehrerer Jahre. Der Publikumserfolg blieb, natürlich auch wegen des doch einseitigen Bezugs zur GPK-Branche, überschaubar, aber immerhin schafften es einige der Satiren in den Regional­rundfunk, übrigens hervorragend gelesen von Heinz Petters vom Volkstheater, und sorgten so für Aufmerksamkeit. Anlässlich eines runden Jubiläums der Zeitschrift kam die Geschäftsleitung (natürlich im Orac-Verlag) auf die Idee, einen Empfang mit einer Lesung aus diesem Buch zu veranstalten. Man mietete kurzerhand das Tabakmuseum, engagierte den jungen, ambitionierten Nestroy-Spezialisten Peter Josch und lud aus der vielschichtigen Leserschar Leute aus Wien und Umgebung ein. Peter Josch verlieh den pointierten Branchensatiren sehr viel Feuer und Lebendigkeit, sodass wir durchaus viele Lacher und freundlichen Beifall erhielten, und wir waren am Ende überglücklich. Allerdings nur so lange, bis beim anschließenden Sektempfang eine charmante junge Dame auf uns zukam und uns mit den Worten „Na sowas, ich habe gar nicht gewusst, dass die Vitrine auch so lustig ist“ begrüßte. Dem Autor schlief das Gesicht ein und uns wurde bewusst, dass wir hier eine Leserin vor uns hatten, die all die Jahre noch nie eine der Kolumnen gelesen hatte. Sie holte uns damit sehr rasch wieder auf den Boden der Realität zurück und wir mussten erkennen – ohne unsere Leser sind wir nichts.
Das allerdings wollen wir nie vergessen und uns bemühen, auch die nächsten 50 Jahre diesem Leitsatz gerecht zu werden! 

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