Montag, 12. Juli 2021

Wein, Weib, Gesang und Riedelgläser

  


Foto: Dirk Wohlrabe | Pixabay

Dieser alte, ein wenig abgenutzte Spruch über die Freuden beim Heurigen erfuhr Anfang der 70er-Jahre eine neue Nuance …
Es war eines Mittags, als ein sehr soignierter Herr mit einer Dame im Restaurant eines Wiener Nobelhotels Platz nahm und die Weinkarte zu studieren begann. Der bestellte Wein wurde serviert und der Sommelier wollte gerade einschenken, als der Herr missbilligend die bereitstehenden Hotelgläser zur Hand nahm und meinte „… sie wollen mir doch nicht diesen herrlichen Tropfen in diesen Gefäßen servieren?“ 
Großes Erstaunen, der Herr, nennen wir ihn Professor Riedel, entnahm seinem mitgebrachten Köfferchen eine Reihe von Gläsern und animierte alle Beteiligten, zuerst einen Schluck aus dem Hotelglas und dann einen aus dem angebotenen Glas zu nehmen. Machen wir es kurz – alle, wirklich alle erklärten, dass der Wein aus dem Riedel-Glas wesentlich besser schmeckte. Diese Anekdote ist nur ein Beispiel aus den zahllosen derartigen Tests, die man damals auch in Fachgeschäften und bei Weingenossenschaften durchführte, was schlussendlich dazu dazu führte, dass selbst hartgesottene Skeptiker zugeben mussten, dass diese Weingläser der neuen Serie „Sommelier“ tatsächlich ein absolut gelungenes Beispiel für die Designphilosophie „form follows function“ war. Diese Geschichte verdanken wir übrigens der begleitenden Dame, der damaligen Herausgeberin der „Vitrine“.
Die Auswirkungen dieser Designsensation sind heute noch überall zu finden. So steht z. B. in den Weinkarten der Heurigen in der Wiener Vorstadt, wohin sich kaum jemals ein Tourist verirrt – und wo es den berühmt-berüchtigten „Staubigen“ gibt“, einen Wein der wegen seiner Herbheit so getauft wurde –, folgender Satz: „Beim Kauf eines unserer Qualitätsweine in Bouteille wird dieser in Riedel-Gläsern serviert“! 
Vom ursprünglichen Namen der Serie „Sommelier“ ist nur mehr unter Experten die Rede.

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